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Viskosität

Sheriff, Freitag, 10.07.2020, 10:56 (vor 1379 Tagen) @ HK_325i

Ich bin immer ein wenig überrascht, dass hier oft über Viskositäten gefachsimpelt wird und niemand hinterfragt, was diese Werte denn konkret aussagen.....

Zum Verständnis dazu mal:
Der erste Wert gibt die Viskosität, also Dünn- bzw. Zähflüssigkeit, im kalten Zustand an, gemessen bei ca. -18°C.
Der zweite Wert gibt die Viskosität bei ca. 99°C an, also leicht erhöhter Betriebstemperatur.

Daraus folgt zunächst einmal, dass im warmen Zustand ein 0W-40 in etwa genau so dünn-oder zähflüssig ist, wie ein 15W-40. Es ist also dem warmen Motor egal, ob ein 0W-40, 5W-40, 10W-40 oder 15W-40 eingefüllt ist, es hat etwa die gleichen Fließeigenschaften.

Ebenfalls sei angemerkt, dass im kalten Zustand selbst ein 0W-Öl erheblich (!!!) zäher ist als z.B. ein 15W-40 warm, woraus folgt, dass ein 0W- oder 5W-Öl eigentlich nicht zu dünn sein kann - denn wenn das so wäre, dann würden die Motoren mit warmem Öl gar nicht zurecht kommen können, weil es dann ja grundsätzlich zu dünn wäre - egal welcher Viskosität (siehe weiter unten: Viskositäten berechnet).

Der erste Wert ist daher im warmen Motor total vernachlässigbar, im kalten hingegen absolut relevant, denn hier kann ein "dünneres" Öl (wir behalten im Hinterkopf, dass es immer noch erheblich zäher ist als im warmen Zustand) den Motor schneller durchölen, belastet die Ölpumpe weniger und der Motor muss sich weniger quälen (also weniger Leistung aufbringen).

Da gleichzeitig der Kaltstart der Moment ist, an dem der mit Abstand meiste Verschleiß im Motor stattfindet, ist gerade hier eine schnelle Durchölung und ein leichter Lauf wichtig.

Meguin hält übrigens einen Rechner für die Viskosität vor, in dem man die Werte aus den Datenblättern eingeben kann: https://www.meguin.de/de/produkte/berechnungsformeln.html

Mal ein Beispiel anhand von Meguin 15W-40 und 0W-40:
Beide haben bei 100°C die Viskosität 14 mm2/s
Bei 80°C haben sie 22,4 bzw. 23,5 mm2/s, also sehr ähnliche Werte.
Bei 15 Grad Außentemperatur, also Temperaturen, die hier durchaus von Frühjahr bis Herbst üblich sein können, also auch für Saisonfahrzeuge gelten, unterscheiden sich die Werte aber bereits erheblich:
0W: ca. 260 mm2/s
15W: ca. 385 mm2/s

Gleichzeitig sehen wir, dass bei 15 Grad selbst das 0W-Öl bereits rund 11 mal zäher ist als das 15W bei 80 Grad, wann soll also ein 0W-Öl zu dünn sein???

Für Autos, die das ganze Jahr bewegt werden:
Bei -10°C lauten die Werte 2.600 mm2/s zu 1.300 mm2/s.
Selbst das 0W-Öl ist also bereits rund 56 mal zäher als bei 80°, das 15W-Öl aber bereits rund 113 mal!

Jeder mag seine eigenen Rückschlüsse daraus ziehen......

Anmerkung: Das ganze ist eine reine Betrachtung der Viskosität. Diese sagt letztlich nichts über die Qualität aus, sondern dient nur der Orientierung.

Die weiter oben in diesem Thread gezeigte Grafik zu den Viskositäten von BMW dient ebenfalls nur der Orientierung, wird aber häufig auch missverstanden: BMW empfiehlt darin seine Öle gemäß Spezialölliste (seitlicher Balken), auf dieser Liste, die von 1980 stammt, ist kein Öl "schlechter" als 10W-40 freigegeben, also z.B. kein 15W-40.

Tatsächlich wurden auch in den späten 80ern in der Regel beim Service bereits sehr hochwertige Öle eingefüllt, in unserem e34 (M30B35) z.B vollsynthetische Öle der Viskosität 0W-40. Es gibt also keinen Grund, nicht die gleichen Spezifikationen zu verwenden, die vermutlich damals in den Fahrzeugen eingesetzt wurden.

Persönlich setze ich seit Jahren in allen Fahrzeugen zurück bis ins Baujahr 1980 vollsynthetische Öle (meist 0W-40, sonst 5W-40) mit HTHS-Wert von mindestens 3,5 ein, um dessen Vorteile im Bereich Kaltstart (Schmierfähigkeit bei Kälte, schnelle Durchölung), Temperaturstabilität (geringere Verdampfung, Aufrechterhaltung der Schmierung bei starker Belastung) und dadurch verbessertem Verschleißschutz in jeder Lage zu nutzen.


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