Die Schritte 1 und 2 sind bei mir mehr oder weniger abgeschlossen. Auf
Punkt 2 gehe ich später noch ausführlich ein. Der
Elektromotor benötigt Treibstoff in Form von jeder Menge Strom aus
den Akkus. Im Falle des TESLA Motors sind hohe Spannungen im Bereich
von 350V nötig, damit er ordentlich funktioniert. Wegen der 220kW
maximaler Leistung braucht es aber auch sehr hohe Ströme von bis
zu 650A.
Man könnte also auf
die Idee kommen auch die Akkus aus einem TESLA zu nutzen. Es
müssten jedoch 14-16 Batteriemodule verbaut werden um auf die
erforderliche Spannung zu kommen. Weiterhin liegen die Kosten für
15 solcher Pakete bei weit über 10.000 EUR. Ein anständiges
und damit nicht günstiges BMS ist zwingend erforderlich, sonst
gibt schnell ein Feuerwerk.
Auf der Habenseite stehen 400km Reichweite, aber es sind dafür
auch 400kg Akkus im Auto unterzubringen. Der E30 scheint mir dafür
nicht geeignet, eher ein T4 Bus oder ein Pickup, wo man die
Ladefläche nutzen kann.
Meine erste Wahl sind die
Akkus aus einem Opel Ampera. Hier sind zwar nur geringe Reichweiten
erzielbar, aber zur Not muss man das Paket halt zweimal verbauen.
Für meine Zwecke würde ein Paket aus drei Modulen reichen und
mit 141kg ist man gewichtstechnisch ganz vorn mit dabei.
Weiterhin sind diese Akkus bekannt dafür, dass sie über
ordentlich Power verfügen und auch eine 450PS LDU ansteuern
können.
BMW i3 Akkus sind gut am
Markt verfügbar und sind ein gesunder Zwischenweg zwischen
Reichweite und Gewicht. Es gibt verschiedene Varianten, die kleinste
wird gebraucht schon ab 3000 EUR angeboten und bietet dann 100km
Reichweite.
Die i3 Akkus sind ebenfalls hochstromfähig. Es gibt einen 911er
mit LDU der 3 Sekunden auf 100 damit fährt.
Ich bin durch einen Zufall
sehr günstig an völlig andere Akkus gekommen, die auf den
ersten Blick überhaupt nicht geeignet erscheinen. Die WINSTON
LiPoFe Akkus sind Dinosaurier der Elektrifizierung und sicher schon
seit 10 Jahren unverändert am Markt erhältlich. Die
Effizienz, also Verhältnis Gewicht zu Reichweite ist eher mau.
Weiterhin sind sie laut Hersteller nicht für hohe Ströme
vorgesehen wie der TESLA Motor sie benötigt. Für 100kW sind
sie ok und 5 Sekunden lang verkraften sie auch mal 200kW Belastung,
bevor Ihnen zu warm wird.
Damit es also keine Missverständnisse gibt, hier meine ganz klare
Aussage:
Ich empfehle diese Akkus nicht für den TESLA
Motor Betrieb.
Ich nutze aber was da ist,
also werden diese Akkus jetzt entgegen der Theorie im eTouring
ausprobiert.
Danke nochmal an Verwertungsbetrieb, der gerade mehrere Elektroautos
aus dem Jahr 2014 mit diesen Akkus reinbekommen hat und mich eines
dieser Fahrzeuge komplett als Ersatzteilspender nutzen lies. Ich habe
bei der Zerlegung viel gelernt und jede Menge interessanter Teile in
die Hand bekommen können. Letztlich kann ich aber nur die Akkus
und teilweise das BMS nutzen, der Rest ist einfach in meiner SDU schon
vorhanden.
Batterieboxen im Detail
Bevor es jetzt
überhaupt weitergeht noch ein paar eindringliche
Sicherheitshinweise. Die hier beschriebenen Akkus haben richtig Dampf
auf dem Kessel. Es handelt sich um lebensgefährlicheSpannungen.
Arbeiten an den Akkus dürfen nur von geschultem Personal mit
entsprechender Schutzausrüstung durchgeführt werden.
Wenn Ihr also keine Ahnung von Elektrotechnik habt, dann lasst das
bitte eine Fachfirma machen.
Ich habe die entsprechende Ausbildung und auch ein wenig Erfahrung mit
Mittelstromanlagen.
Mindestausstattung für die Arbeiten an der Hochvoltanlage sind
solche Gummihandschuhe mit dem doppelten Dreieck Symbol.
Als erstes habe ich mir
die hintere Batteriebox vorgenommen, die im Bereich des ehemaligen
Tanks sitzen soll.
Hier sind 30 Winston
LiPoFe Zellen verbaut.
LiPoFe heisst Lithium Phosphat Eisen. Dieser Akkutyp ist nicht so
effizient wie Lithium Ionen Modelle, aber er ist auch wesentlich
ungefährlicher. Wie der Hersteller in Vergleichsvideos
eindrucksvoll zeigt, besteht keine Brandgefahr bei Kurzschluss oder
Überladung. Es raucht zwar ordentlich, aber es gibt kein Feuerwerk
wie bei den anderen Batterietypen.
Lithiumakkus dürfen
nicht überladen oder zu stark geleert werden, ansonsten droht
Beschädigung der Zellchemie und die Zellen fallen aus. Die Winston
Akkus sind sehr robust und besitzen einen großen Arbeitsbereich.
Im Normalfall liegt die Spannung der Akkus zwischen 3,1 und 3,4 Volt
(10-90% Ladung). Laut Hersteller verkraftet der Akku aber auch 2,5 - 4
Volt. Würde ich zwar nicht empfehlen, weil dies sicherlich die
Lebensdauer verringert, aber es ist doch gut zu wissen, daß es
diese Reserven gibt.
Im Gegensatz zu den blauen LiPoFe Akkus sind die gelben Winston
komplett von Plastik umschlossen, sie müssen also nicht
gegeneinander isoliert werden.
Die Dinos haben also auch Ihre Vorteile, insbesondere die Robustheit.
Vor dem Spass kommt die
Arbeit. Es müssen ja 108 der gelben Zellen in Reihe geschalten
werden um auf die gewünschten 355V zu kommen. Also 107 Verbinder
anbringen, 108 Litzen für das Batteriemanagementsystem (BMS)
verlegen. Zum Glück hat mir das der Erbauer des Schrott
Elektroautos schon abgenommen.
Die 30 Zellen der hinteren Batteriebox haben zusammen 98,9 V, also 3,29
je Zelle. Somit sind hier alle Zellen in Ordnung. Gäbe es
Abweichungen in der Gesamtspannung (also weniger als 30 x 3,29)
wäre eine Zelle defekt oder eine oder mehrere Zellen aus der
Balance. Bei mir sind alle gleich geladen, das BMS hat also bis vor
kurzem gute Dienste geleistet.
Die vordere Batteriebox
beinhaltet auf 2 Etagen 70 Winston Zellen. In Summe also 230V. Der
Service Disconnect Trennstecker erlaubt das Trennen des Stromkreises
innerhalb der Reihenschaltung. Das heisst aber nicht, daß man
beim Öffnen der Boxen unvorsichtig werden darf. Hereinfallende
Schraubenschlüssel sind tabu. Ein Kurzschluß zwischen den
Polen sorgt für kräftigen Funkflug, gefolgt von ungeplanten
Schweissvorgängen und nach ein paar Minuten bläht sich er
Akku auf und entwickelt starken Rauch.
Bei den weiter oben aufgeführten Hightech Akkus gibts direkt ein
Feuerwerk, also kleinere Explosionen einzelner Zellen und später
eventuell den unlöschbaren Lithiumbrand.
Die mittlere Batteriebox
wollte ich eigentlich in den Getriebtunnel des E30 bauen, weil sie ganz
gut rein passen würde. Zwischenzeitlich habe ich aber beim
Hersteller der Zellen gesehen, dass die liegende Montage nicht
vorteilhaft für die Zellchemie ist. Und da hier nur 8 Zellen
liegen, habe ich diese Batteriebox aufgelöst und werde die Zellen
anderweitig aber stehend im Auto montieren.
In der mittleren
Batteriebox saßen bei dem Schrott-Elektroauto die HV
Schütze, die also die Hochvolt Spannung für den Motor
freigeben oder unterbrechen. Daneben sind noch zwei Platinen verbaut,
von denen ich nur mutmaßen kann, worum es sich handelt. Letztlich
verwende ich nur die beiden Schütze in meinem eTouring.
Der Master des
Batteriemanagementsystem sitzt ebenfalls in der mittleren Batteriebox.
Obendrauf sitzt eine der unzähligen Slave Platinen für die 8
Zellen, die in dieser Box verbaut waren.
Das BMS kommunizierte über CAN Bus mit den restlichen Komponenten
des Elektroautos. Ich werde versuchen wenigstens die 108 Zellspannungen
und die Temperaturen auszulesen, sollte eigentlich klappen. Mehr zum
Thema CAN Bus Hacking in einem späteren Beitrag,
Balancing
Um heraus zu bekommen ob die Zellen voll oder leer sind, kann die
Zellspannung gemessen werden. Weil die Ladekurve der Akkus aber im
Arbeitsbereich sehr flach verläuft kann man nicht hinreichend
genau erkennen ob eine Zelle zu 60 oder zu 70 % geladen ist. Dies ist
aber wichtig, weil alle Zellen gleichermaßen geladen sein
müssen. Warum ist das so wichtig ?
Im Fahrbetrieb werden durch die Reihenschaltung alle Zellen
gleichmäßig entladen. Sind einige der Zellen schwächer
geladen, geraten sie am Ende der Fahrt eventuell schon in
Unterspannungsbereiche, was die Lebensdauer verkürzt.
Beim Ladevorgang werden alle Zellen wieder gleichermaßen
aufgeladen. Sind Zellen dabei, die garnicht richtig leer waren, werden
diese nun zu lange geladen, also eventuell überladen.
Diese beiden Probleme umgeht man, in dem man die Zellen alle
gleichmäßig auflädt und auch dafür sorgt,
daß dies so bleibt. Im Batteriemanagement ist dafür das
Balancing vorhanden. Diese Funktion misst ständig alle
Zellspannungen und lädt ggf. einzelne Zellen mit kleinen
Strömen nach. Das kann bei neuen Zellen einige Zeit dauern, aber
letztlich wird irgendwann der eingeschwungene Zustand erreicht, der
erst durch eine Störung des Systems aus dem Gleichgewicht kommt.
Wenn z.B. eine einzelne Zelle wegen defekt getauscht werden muss.
Ladezustand in der Praxis
Wegen der flachen Spannungskurve im Betriebsbereich der Akkus muss man
vorallem im mittleren Bereich die zweite Stelle hinterm Komma
betrachten um zu ermitteln wie voll der Akku ist. Hier eine
Übersicht die ich in einem englischen Forum gefunden habe, die das
Problem verdeutlicht:
Weil die handelsüblichen Multimeter auch nicht wirklich sehr genau
arbeiten, bleibt immer eine Restungenauigkeit. Bei meinen 108 Zellen in
Reihenschaltung würde dies für die Gesamtspannung bedeuten:
Für eine möglichst lange Lebensdauer sollte man die Akkus
nicht im vollen Bereich sondern nur zu 80% nutzen, also z.B. von 10-90%
betreiben. Daher kann ich mir im Fahrbetrieb als grobe Hausnummer meine
HV Spannung anzeigen lassen und mich im Bereich von 358V bis 330V
aufhalten.