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Sebastian: M3







Hallo Leute,

Hier eine kleine Zusammenfassung meiner M3 Restauration, welche sich über 30 Monate hingezogen hat. Nachdem ich in einem Anflug von Unvernunft meinen damaligen schwarzen „Stand“ M3 E30 mit 74.000km im April 2014 verkauft habe, wollte ich mir ursprünglich einfach einen M3 zum Fahren besorgen. Die Anforderungen waren nicht hoch, fahrbereit, ein bisschen Rost und Gebrauchsspuren wären tolerierbar gewesen.

Was soll ich sagen, ich war in halb Europa unterwegs um etwas passendes zu finden, Spanien, Österreich, einige Adressen in Deutschland . Uglaublich was man da erlebt hat…alleine diese Erlebnisse hätten eine Fotostory verdient, hätte ich Bilder von den vielen Schrotthaufen gemacht.

Als ich schon keine Lust mehr hatte, kam ein Email rein mit einem Kaufangebot…Stuttgart, deutscher M3, Zustand – nicht fahrbereit. Da hab ich mir dann gesagt, letzte Chance, wenn das nix ist, kommt ein E46 M3 ins Haus.

Also mit dem netten Herrn einen Besichtigungstermin ausgemacht und auf den ersten Moment war ich wieder enttäuscht – ohne eingebauten Motor und Getriebe, nachlackiert in brillantrot, innen mit Recaro Sitz, eingestaubt usw. aber irgendwie hat mich dieses Auto doch gefesselt.

Also nochmal näher betrachtet und dann kamen kleine aber feine Details zum Vorschein:

-    Originalfarbe Hennarot
-    Fahrgestellnummer aus dem M3 mit Evolutionsmotornummernkreis
-    Stoff Hahnentritt Anthrazit
-    Unfallfrei und fast alle Originalteile vorhanden

Nach einigem hin und her, sind wir uns dann einig geworden. Wobei ich immer wieder mit einem Schmunzeln an die Preisverhandlungen in Schwäbisch zurückdenken musste. Die Hälfte habe ich nicht verstanden und musste immer mal wieder nachfragen, was dieses oder jenes Wort bedeutet 

Hier ein Bild, welches mir der Verkäufer damals per Email zusandte.


 
 Begonnen hat dann alles mit folgendem Plan:

-    Karosserie auf Roststellen untersuchen und diese beheben
-    Motor nach 14 Jahren Standzeit überholen
-    Motor und Getriebe in die Karosse einsetzen, TÜV machen und fahren so wie er ist…

Geendet hat es aber in einer kompletten Restauration jeglicher Teile die zu dem Auto gehören. Beinahe nichts blieb unangetastet. Wie kam es dazu?

Fakt war damals, dass egal an welchem Eck ich den Wagen genau angeschaut habe, irgendwas zu bemängeln war…hier ein kleiner Rostpickel, da eine rostige Kante, hier eine unsauber geschweißte Wagenheberaufnahmen und diese Liste hätte ich jetzt noch lange fortsetzen können. Als dann noch der Lackierer sagte, dass eine weitere Lackierung auf dieser Basis zu keinem guten Ergebnis führen wird, sah ich mich gezwungen, das komplette Register zu ziehen.

Und dann hatte ich den Plan, daß dieser M3 noch besser wie meiner früherer schwarzer M3 werden musste. Für meine erste Restauration war das, wie es sich später herausstellte, ein sehr hohes Ziel. Welches aber dann doch trotz einiger Umwege erreicht wurde.

Folgende ToDo Liste habe ich dann aufgestellt:

-    Prüfung der Finanzen
-    Suche nach Lackierer, Oberflächenveredelung, Pulverbeschichtung, Farbtaucherei, Entlacker, Strahlbetrieb,
     Sattler, Motorenbauer, Problemlöser, Helfer usw.
-    Aufstellung Zeitplan (der hat eh nie funktioniert :-)
-    Zusammensammeln von Hardware (Werkzeuge, Lagerplatz für Teile, Vorrichtungen)

Als dann alle Themen geklärt waren und die Adressen der Fachbetriebe feststanden, ging es ans Werk:

1.)    Komplette Demontage aller Anbauteile mit entsprechender Fotodokumentation (wobei später viele Fotos einfach nicht verwendbar waren, da immer genau die Punkte gefehlt haben, die wichtig waren :-/

2.)    Lagern aller ausgebauten Komponenten im Haus (Danke an meine bessere Hälfte, aus den geplanten 12 Monaten wurden ja 30 Monate…)

3.)    Motor wurde dann komplett zerlegt und alle Teile begutachtet. Leider musste hier tiefer in die Tasche gegriffen werden, denn durch die lange Lagerung des Originalmotors hatte sich Rost an den Zylinderwänden gebildet. Somit musste auf das zweite Übermaß gebohrt und gehont werden. Dann wurden alle Teile am und im Motor erneuert oder überarbeitet, KW wurde gemessen und poliert, Lager, Steuertrieb, Ventile, Federn, Ventilsitze, Ventilführungen, Ölpumpe, alle Dichtungen usw.. erneuert.  Der Zusammenbau des Motors war dann ein wahrer Genuss. Aber das Schlimmste stand noch bevor – die Karosse.

4.)    Für die Arbeiten an der Karosse wurde zuerst ein Drehgestell aus 80x40x3 Stahlprofil geschweißt, in der dann die Karosse an den Aufnahmen für die Stoßstange aufgenommen wurde. Dann wurden die Achsen und sonstige Anbauteile demontiert und dann ging es frisch ans Werk…

5.)    Entfernung UBS: Hier habe ich nach anfänglichen Schwierigkeiten einen guten Prozess mit Unkrautgasbrenner, Spachtel und Zopfbürsten aus Messing entwickelt. Ein Feld von 15x15cm wurde erwärmt, dann gleich mit der Spachtel der warme UBS weggeschabt und dann anschließend gleich mit der Messingbürste das Blech bis auf die Werksgrundierung gereinigt. So ging es dann Schritt für Schritt weiter bis nach ca. 4 Wochen der Boden blitzeblank sauber war. Die blanken Blechstellen und alle Falze an der gesamten Karosserie wurden dann mit Owatrol behandelt.

6.)    Als dieser Part dann erledigt war, wurde die Karosserie zum Karosseriebauer geschleppt um die Rostschäden fachmännisch reparieren zu lassen. Folgende Bereiche waren befallen: Produktionsaufnahmen, Radhaus um den Tankeinfüllstutzen, Endspitzen, zwei kleine Stellen am Schweller, Gaspedalaufnahme, Stehbolzen Getriebetunnel.

7.)    Des Weiteren wurden die gezogenen Radläufe hinten wieder in den Originalzustand versetzt. Die Bördelung blieb jedoch, sonst hätte dort das Schweißgerät, bzw. die Flex angesetzt werden müssen, wovon mir ganz klar abgeraten wurde. Und da später eh 8,5x17 ET13 gefahren werden sollte, war die Bördelung nicht ganz unpassend. Somit war dann der Rohbau fertig und die Lackierarbeiten konnten beginnen.

8.)    Für diese Arbeiten wurde das Auto dann zu Schmidts Autoservice nach Dielheim gebracht und dort war die Karosserie in bester Obhut. Da das Auto bereits einmal in Brillantrot lackiert wurde, war eine vollständige Entfernung der Lackschichten notwendig. Somit begannen die Schleiforgien, welche sich über einen Zeitraum von mehreren Wochen hinzogen.

Alle Karosserieteile wurden blankgeschliffen, auch Kunststoffteile wie Schwellerabdeckungen, Kofferraumdeckel usw. Kotflügel wurden durch Neuteile ersetzt. Als dann die Karosserie blank war, wurde sie mit einer Epoxygrundierung behandelt. Dann ging es am Unterboden weiter…Dreifache Lackierung mit Brantho Korrux in Ziegelrot – Nahtabdichtung – Unterbodenschutz einfärbbar und dann Lackierung in Hennarot mit Klarlack seidenmatt. Als dies nun  erledigt war, wurde die Karosse endlich in Hennarot mit Klarlack lackiert. Mit dem Ergebnis bin ich mehr als zufrieden.

9.)    Dann gings endlich ans Montieren. Zuerst habe ich Brems- und Kraftstoffleitungen am Unterboden montiert, Achsen und Bremsen fertig gemacht. Die Achsen wurden chemisch entlackt, gestrahlt und anschließend tauchlackiert. Dann wurden diese noch mit Brantho Korrux 3in1 lackiert, Verschleißteile alle neu, nichts wurde wieder verwendet. Bremsenteile wurden chemisch entrostet und gelbverzinkt. Lenkgetriebe wurde komplett zerlegt, überholt, alles wieder praktisch in den Neuzustand, auch optisch, versetzt.

10.)    Als dann untenrum alles wieder an Ort und Stelle war, ging es mit der Elektrik los. Der Kabelbaum wurde komplett gestrippt und neu gewickelt. Alle beschädigten Stecker wurden durch Neuteile ersetzt. Als die erledigt war, wanderte er zurück in die Karosserie…als dann der Kabelbaum wieder an Ort und Stelle war, durfte die Karosse endlich wieder raus aus dem Drehgestell.

11.)    Dann kam das Armaturenbrett, Motor und Getriebe, Kardanwelle an die Reihe. Alles sehr unproblematisch, der E30 M3 ist einfach super aufgebaut. Türen und Anbauteile folgten dann nach und nach.

12.)    Irgendwann war es dann soweit, dass der M3 wieder komplett montiert war und der erste Motorstart bevorstand. Dies hat dann auch nach Tausch der Vor- und Rücklaufleitung ohne Probleme funktioniert.

Abschließend ist zu sagen, dass eine Restauration in diesem Umfang schon einiges an Zeit und Geld verschlingt, aber dies wird durch den Anblick eines fast werksneuen M3 mehrfach wieder wett gemacht. Auch werden die weiteren Arbeiten an diesem Fahrzeug einfach gerne gemacht, da man nun auf eine vernünftige Basis zugreifen kann und nicht bei jeder Arbeit weitere Baustellen aufdeckt. Nun sind nur noch ein paar Restarbeiten zu erledigen, um in den vollen Genuß dieses wunderbaren Automobils zu gelangen.

Anbei nun noch ein paar Impressionen der Restauration und des fertigen Produktes.

Während der Unterbodenrestauration…


 

Dreck und Staub…

 

Während der Lackierarbeiten…

 

Nahtabdichtung und Unterbodenschutz einfärbbar…

 

Fertig lackiert…


 
Motorauf- und einbau

 



Firsch überholte  Bremsanlage sowie neues KW Fahrwerk.



Ich hoffe die Bilder motivieren Euch Euren E30, wenn dann "richtig"  zu restaurieren, vorallem auch untenrum Alles andere lohnt sich auf Dauer einfach nicht. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, da alle Teile noch gebraucht auch oder neu gut verfügbar sind.

 Sebastian